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Mayenburgwiese und Bekassinenwiese


Bekassinenwiese mit Schmalblättrigem Wollgras

In der Nähe der Hochwaldstraße - einer der Hauptstraßen vor dem Bau der Talstraßen (sowie nach dem Hochwasser 2002) - entspringt der "Gründelbach", ein knapp zwei Kilometer langes Gewässer, das unterhalb des Ortes in den Johnsbacher Dorfbach mündet. Der Quellbereich ist melioriert, wie fast alle Bäche, dennoch blieb hier eine größere Nasswiese erhalten, wie sie früher für viele Bäche typisch war und heute Seltenheitswert hat. Wegen des früheren Vorkommens des seltenen Schnepfenvogels bekam die nasse Senke unter Naturschützern die Bezeichnung "Bekassinenwiese". Heute geschieht es nicht mehr oft, dass man hier eine Bekassine beobachten kann, und wenn, dann meist nur während des Vogelzuges. Die Bekassinenwiese ist eines der artenreichsten Biotope der weiteren Umgebung. Auf über einem Hektar gedeihen über 70 Arten der Kleinseggenrasen, Feuchtwiesen, Borstgrasrasen und Bergwiesen. Anfang der 1990er Jahre dominierten dichte Binsenteppiche die Wiese. Dank der seither erfolgten jährlichen Mahd (heute: Förderverein für die Natur des Ost-Erzgebirges) hat sich die Fläche hervorragend entwickelt. Insbesondere in Wintern mit längeren Barfrösten kann auf den gemähten Nasswiesen die Kälte bis in den Boden dringen. Dadurch werden einerseits Samen von Seggen und verschiedenen anderen Pflanzen zum Keimen angeregt, andererseits die Durchsetzungsfähigkeit der Spitzblütigen Binse verringert. Dies ist eigentlich eine atlantische Art und reagiert daher empfindlich auf Bodenfrost. Bleiben die Nasswiesen ungemäht, isoliert die Binsenart ihre Wurzeln durch den besagten dichten Teppich. Heute prägen zahlreiche Seggenarten, Schmalblättriges Wollgras in großer Menge, mehrere hundert Exemplare Breitblättriger Kuckucksblumen sowie ein großer Bestand Fieberklee die Bekassinenwiese. Auf borstgrasrasenartigen Buckeln kommen auch Arnika und Schwarzwurzel vor. Die früher erwähnten Arten Sonnentau, Wald-Läusekraut und Fettkraut sind allerdings verschwunden.

Direkt an der Hochwaldstraße wurde 1938 vom Landesverein Sächsischer Heimatschutz ein ganz besonders wertvolles Wiesenstück aufgekauft. Der darauf wachsende Bestand von 2000 Weißen Waldhyazinthen - eine Orchideenart - war wohl auch zu damaligen Zeiten außergewöhnlich. Nach dem Dresdner Chlorodont-Fabrikanten erhielt die Fläche den Namen Mayenburgwiese. Ottomar Heinsius von Mayenburg war dem Landesverein sehr verbunden und ermöglichte wahrscheinlich durch eine Spende den Kauf der Wiese. Nach Enteignung und Verbot des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz (Ende der 1940er Jahre) fiel die Fläche brach, Gehölzsukzession setzte ein, und so ist der größte Teil der einstigen Mayenburgwiese heute von Ebereschen-Pionierwald mit teilweise dichtem Adlerfarn-Unterwuchs bewachsen. Auf der kleinen, verbliebenen Fläche (seit 1964 Flächennaturdenkmal "Orchideenwiese Johnsbach") konnte durch jährliche Mahd ein wechselfeuchter Borstgrasrasen erhalten werden, unter anderem mit etwas Schwarzwurzel. Der Waldhyazinthenbestand galt seit Anfang der 1980er als erloschen. Umso größer war die Überraschung, als sich 1999 wieder eine einzelne Pflanze dieser seltenen Orchideenart zeigte. Doch die Hoffnungen, dass daraus wieder eine größere Population werden könnte, waren verfrüht. Manche Jahre zeigt sie ihre unscheinbaren Blüten, manche Jahre bleibt sie offenbar nur vegetativ. Daran konnten bislang auch fast gärtnerische Pflegemaßnahmen der Grünen Liga nichts ändern. Doch das Beispiel zeigt: auch wenn eine Pflanzenpopulation scheinbar erloschen ist, so kann sich im Boden noch Potential in Form von Wurzelknollen oder Samen verbergen.

Das Gründelbachtal weiter talabwärts ist sehr strukturreich mit mehreren Berg- und Nasswiesen, Feldgehölzen und Steinrücken. Unter einem der Feldgehölze erkennt man anhand der leuchtend roten Bodenfärbung noch den wahrscheinlichen Ort einstigen Eisenbergbaus. Wegen des Arten- und Strukturreichtums hatte die Grüne Liga Osterzgebirge diesen Bereich als Naturschutzgebiet vorgeschlagen. Dem wurde leider nicht stattgegeben, ebenso wenig dem fundierten Antrag auf Ausweisung der Bekassinenwiese als Flächennaturdenkmal.