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Naturschutzgebiet Mittleres Seidewitztal

Die geologische Vielgestaltigkeit des Elbtalschiefergebirges, insbesondere die darin enthaltenen basischen Gesteine, lässt eine große Zahl verschiedener Pflanzengesellschaften und dementsprechend auch Pflanzenarten gedeihen. Entsprechend der Höhenlage unter 300 m über NN herrschen Eichen-Hainbuchenwälder vor. Neben den namensgebenden Trauben-Eichen und Hainbuchen wachsen hier stellenweise auch Sommerlinden, Sand-Birken und andere Gehölze. Die ehemals mittel- und niederwaldartige Nutzung der Bestände ist noch heute in vielen Fällen an verdickten Stammfüßen oder mehrstämmigen Bäumen ersichtlich. Eine Ausnahme bilden die Bestände am rechten Talhang südlich vom Kalkwerk mit ausgesprochen alten und kräftigen Exemplaren.


Hainbuche - eine Baumart des Hügellandes, die nur in den untersten Lagen des Ost-Erzgebirges am Waldaufbau beteiligt ist.

Während die Baumschicht recht einheitlich ist, zeigt die Krautschicht deutliche Unterschiede der Standortsbedingungen an. Man kann unterscheiden zwischen einer Ausbildungsform über kalkarmem Gestein im Norden und Süden des Gebietes sowie einer über kalkreicheren Böden im zentralen Teil. Erstere sind geprägt durch Säurezeiger wie Weiches Honiggras, Schmalblättrige Hainsimse, Draht-Schmiele oder Maiglöckchen; unter dichtem Kronendach kann die Bodenvegetation auch sehr spärlich sein. Die basenreichere Variante wird demgegenüber von einer Vielzahl anspruchsvoller Laubwaldarten gebildet, unter anderem: Haselwurz, Waldmeister, Einblütiges Perlgras, Bingelkraut und Leberblümchen.


Frühlings-Platterbse

Als einzigartig für Sachsen gilt die im Gebiet der alten Kalkbrüche vorkommende, wärmeliebende und orchideenreiche Ausbildungsform des Eichen-Hainbuchenwaldes (genauer: des Labkraut-Hainbuchen-Traubeneichenwaldes - Galio-Carpinetum). Unter einer Baumschicht aus Winter-Linde, Trauben-Eiche und Hainbuche sowie einer Strauchschicht mit Blutrotem Hartriegel und Vogel-Kirsche findet man hier beispielsweise Wald-Labkraut, Hain-Wachtelweizen, Wald-Wicke, reichlich Efeu und Frühlings-Platterbse, sowie einzelne Exemplare der Waldorchideen: Breitblättriger Sitter und Bleiches Waldvöglein. Kleinflächig sind in den Kalkbrüchen sogenannte Kalkschuttgesellschaften vorhanden - mit wiederum einer ganz besonderen Pflanzenwelt.

Auf sehr flachgründigen, sauren Böden in steilen Hanglagen bleiben die Hainbuchen und die anderen, anspruchsvolleren Baumarten zurück. Hier können sich nur krüppelförmige Trauben-Eichen und Birken halten. Außer den bereits genannten, gegenüber sauren und mageren Böden toleranten Gräsern wächst hier noch Heidelbeere sowie eine stellenweise stark ausgeprägte Moos- und Flechtenvegetation. Als Besonderheit kommen an einer Stelle auf einem südexponierten Felshang die in Sachsen stark gefährdeten Arten Katzenpfötchen und Arnika vor.

Auf ausgehagerten (nährstoffarmen), nach Süden gerichteten Steilhängen über basenreichem Ausgangsgestein hingegen gedeihen Geißklee-Eichenwälder. Man trifft solche Bestände am rechten Seidewitzhang unterhalb des Kalkbruches und am Südhang des Biensdorfer Tälchens. Die lichte Baumschicht wird auch hier von der Trauben-Eiche gebildet, allerdings treten strauchförmig auch Hainbuche und Esche hinzu. Außerdem wachsen in der Strauchschicht Hasel, Blutroter Hartriegel und Kreuzdorn. In der artenreichen Krautschicht überwiegen licht- und wärmeliebende, jedoch trockenheitertragende Pflanzen, so z.B. Dürrwurz-Alant, Nickendes Leimkraut, Bunte Kronwicke, Braunroter Sitter, Pfirsischblättrige Glockenblume, Großblütiger Fingerhut, Wirbeldost, Färber-Ginster und Schwärzender Geißklee.

Besser mit Wasser versorgte Waldstandorte tragen von Edellaubhölzern (Linden, Ahorn, Eschen, teilweise auch Ulmen) geprägte Waldgesellschaften. Die Bestände, die von den Vegetationskundlern die etwas umständliche Bezeichnung "Ahorn-Eschen-Schlucht- und Schatthangwälder" bekommen haben, wachsen an kühl-feuchten Standorten nordexponierter Tälchen und Hangfußbereiche. Linden-Blockhangwälder stocken kleinflächig auf schattigen, schuttreichen Talhängen.

Als Wiesen genutzte (bzw. früher genutzte) Südhangbereiche, vor allem im Biensdorfer Tälchen, werden von trockenen Magerrasen eingenommen, u.a. mit Pechnelke, Thymian und Heide-Nelke, in geringem Umfang sogar von echten Trockenrasen der seltenen Grasnelken-Rotschwingel-Gesellschaft.

Die Vielfalt an Lebensräumen im Mittleren Seidewitztal spiegelt auch eine beachtliche Artenfülle an Insekten wider. Unter den Tagfaltern wurden Raritäten wie Märzveilchen-Perlmutterfalter, Kaisermantel, Spanische Flagge und Sonnenröschen-Bläuling nachgewiesen, bei den Heuschrecken sind der Feld-Grashüpfer und die Gestreifte Zartschrecke hervorzuheben. Letztere erreicht im Gebiet ihre nordwestliche Verbreitungsgrenze.


Kaisermantel