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Besucherbergwerk Tiefer-Bünau-Stolln

In den ersten zwei Jahrhunderten beschränkte sich der Zinnerzbergbau auf den (größeren) böhmischen Teil des Vorkommens. Erst um 1600 begann der Abbau auf sächsischer Seite. Verstärkt wurden die Unternehmungen auf dieser Seite der Grenze nach der Ausweisung der böhmischen Lutheraner im Zuge der habsburgischen Gegenreformation, die auch viele glaubensfeste Bergleute im Erzgebirge betraf.

1668 wurde der Tiefe-Bünau-Stolln aufgefahren. Bis heute entwässert er die Gruben, diente lange als Zugang und als Transportweg für die abgebauten Erze. Er galt bis zum Schluss als "die Lebensader" des Zinnwalder Bergbaus und war auch für den bis 1990 betriebenen Bergwerksteil in Böhmisch-Zinnwald/Cínovec wichtig. Sein Name bezieht sich auf die Adelsfamilie von Bünau, zu deren Lauensteiner Grundherrschaft auch Sächsisch-Zinnwald und die hier lagernden "unedlen" Metalle (einschließlich Zinn) gehörten.

Gleich zu Beginn der 1990er Jahre stellten Bergbaufreunde die alte Untertagestrecke wieder her. Seit 1992 eröffnet ein weitläufiges Besucherbergwerk nun interessante Einblicke in das Innere des Ost-Erzgebirges und in den schweren Arbeitsalltag früherer Bergleute. Auf einer etwa 90minütigen, 2,8 km langen Führung bis an die tschechische Grenze werden viele geologische, technische und geschichtliche Zusammenhänge sehr gut verständlich erläutert.

Zuerst durchläuft man auf etwa 240 m Quarzporphyr, in dem bereits einige Erzgänge ("Flöze") zu erkennen sind. Dann betritt der Besucher die eigentliche Erzlagerstätte im Zinnwalder Granitstock. Deutlich unterscheiden sich die Erzgänge vom weißlich-grauen Grundgestein. Schon Goethe bekam bei seinem Besuch 1813 hier gezeigt, wie tektonische Kräfte zu Verwerfungen im Fels geführt haben. An mehreren Stellen hören die Flöze plötzlich an einer "Kluft" auf, um ein Stück versetzt dann ihren Verlauf fortzusetzen. Wie mühsam das (Unter-)Tagewerk der Bergleute früher gewesen sein muss, kann man an den vielen Spuren der Werkzeuge im Gestein erahnen. Kaum vorstellbar die Enttäuschung, wenn ein hoffnungsvoll stimmender Erzgang dann urplötzlich an solch einer Kluft aufhörte!

Besonders beeindruckend - und in dieser Form wohl nirgends sonst der Öffentlichkeit zugänglich - sind die Reichtroster und die Schwarzwänder Weitung. Der Zinngehalt im Greisen war hier so groß, dass sich ein Abbau "im Ganzen" lohnte. Übrig blieben gewaltig anmutende Hohlräume von einigen dutzend Metern Höhe, Breite und Länge, gestützt von steinernen Säulen. Da diese Pfeiler für die Sicherheit unverzichtbar waren, blieben sie trotz des darin enthaltenen Zinns erhalten, so dass sich heute dem Besucher die seltene Gelegenheit bietet, in einem alten Bergwerk tatsächlich auch noch glitzerndes Erz gezeigt zu bekommen.


Zinnwalder Greisen mit Zinnstein (Foto: Lutz Geissler - Mineralogische Sammlungen Freiberg)

Unterhalb und oberhalb des Bergwerkes (bis an die Grenze) lagern am Heerwasser noch immer größere "Sandhalden" mit den fein gemahlenen Abprodukten des Bergbaus. Da während des erstens Weltkrieges, als die Nachfrage nach dem Stahlveredlungselement Wolfram sprunghaft anstieg, die alten Bergbauhalden alle noch einmal durchsucht wurden, erscheint dieses Haldenmaterial heute noch ziemlich frisch. (Sogar Straßen sollen damals in einer Art "Goldrausch" wieder aufgerissen worden sein, weil darunter das bis dahin wertlose und nun plötzlich gut bezahlte Wolframerz verbaut war!). Nach dem Hochwasser 2002 wurde allerdings die große Halde an der Straße neu abgedeckt und aufgeforstet.